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Horneburg
Burg, Hafen, Lüheschifffahrt

Historische Zusammenhänge und Abhängigkeiten
von Peter Ahrens
Herausgegeben 2007
Quellen und kleine Beiträge Nr.: 33

 

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Nach der 1255 auf Geheiß des Bremer Erzbischofs erfolgten Gründung der Horneburg durch dessen Horneburger Ministerialen, seitdem Burgmänner genannt, siedelten diese fünf Adelsfamilien auf der Burg und Vorburg am Marschdamm. Von hier aus trieben sie mit Hilfe ihrer abhängigen Meier Land-wirtschaft. Etwa 250 Jahre später wurde die Vorburg für diese Nutzung zu eng und die Burgmannsfamilien bauten sich zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert repräsentativere Herrenhäuser und zugehörige landwirtschaftliche Gebäude als Gutshöfe außerhalb der Vorburg beiderseits des west-östlich verlaufenden Heer- und Handelsweges1, spätere B 73, heute „Lange Straße“. Nur ein Burgmannsgeschlecht, die „von Düring“, blieben bis 1945 auf der Vorburg.

Vordamm und Marschdamm, mit einer Furt nahe der heutigen Friedensbrücke, bildeten einen von Süden nach Norden führenden zweiten Heer- und Handelsweg. Er endete an einer Schiffslände, dem „Mühlenloch“, nördlich der zur Vorburg gehörigen Weiskerschen Mühle.

Die Kontrolle des Handels an diesem Fernstraßenkreuzungspunkt wurde von den Burgmännern, später von der hannoverschen Zollstelle an der westlichen Brückenzufahrt zur Vorburg wahrgenommen. Wer zur Mühle oder zur Verladung in den Hafen wollte, musste am noch heute vorhandenen, in Fachwerk ausgeführten Zollhaus vorbei2 und konnte erst nach Erledigung aller Formalitäten mit dem Schiff, meist einem üblichen Fracht-Ewer das „Baumhaus“ am nördlichen Ende des Marschdamms passieren. Vor allem für Kaufmannsgut und schwere Lasten war der natürliche Zugang zum Alten Land und über die Elbe nach Hamburg bis zum Ende des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts der Wasserweg, die „Lühe“3.

Von ganz besonderer Bedeutung neben regelmäßiger Versorgungsverbindung nach Hamburg4 war aber der Jahrhunderte alte Fährverkehr5 über die Elbe nach Schleswig-Holstein, der seinen südlichsten Beginn nicht am Elbufer, sondern im Horneburger Hafen hatte. Schwedische Jördebücher und der Transport jütländischer Rinderherden mit jährlich zehntausenden von Tieren für die Fleischversorgung der Niederlande und Belgiens auf dem sog. Ochsenweg geben reichlich gesicherte Auskunft über die Bedeutung dieser Fährverbindung nach Wedel/Blankenese6.

Erst 1835 wurde am Ende des Marschdamms die „Hohe Brücke“ gebaut und damit konnten Waren auf erst jetzt befestigter Straße längs des Lühe Deiches das Alte Land auch ohne Schiff erreichen. Das bedeutete aber keineswegs das Ende der Lüheschifffahrt.

Die auf den Elbenebenflüssen verwendeten Ewer wurden in der Regel von zwei Personen, Schiffer und Knecht, gesegelt. Ihren Mast konnten sie mittels einer Talje ohne Mühe auf Deck fieren, so dass Brücken nur abhängig von Ebbe und Flut Hindernisse bildeten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ließen die Schiffer jedoch zur Steigerung der Ladekapazität immer größere Ewer bauen. Die im Horneburger Hafen einfahrenden Schiffe erreichten eine Größe von 50 – 70 t.

Wahrscheinlich war dies der Grund für die Verlegung des Horneburger Hafens von der Mühlenkuhle an die heutige Hafenstraße. Veränderungen der Ladungs-arten und der Verladetechniken verlangten eine stärkere Kaimauer mit dahinter liegender größerer Lagerfläche7. Zwischen Marschdamm und Flussufer war dafür nicht genügend Raum. Auch die Ansiedlung des großen Löhdenschen Sägereibetriebes an der Hafenstraße und möglicher Weise die Anlandung von Holzflößen, die vermutlich die Elbe herab in die Lühe getreidelt wurden, benötigten eine größere Wasserfläche und Lagerkapazität.

Personenschifffahrt8 auf der Lühe ab Horneburg ist seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges nachgewiesen und hat mit Unterbrechungen selbst nach dem II. Weltkrieg mindestens noch sporadisch stattgefunden.

 


 

1Peter Ahrens: Von der Burg zur Siedlung. Horneburg 2004

2Staatsarchiv Stade, Rep. 74, Akten der Kurhan. Provinzialregierung Stade, Amt Harsefeld, Nr.551, 552, 553, 555 (1729-1833).

3Hans Georg Augustin: Die Reiheschifffahrt der Horneburger Schiffer im 19. Jahrhundert, Horneburg 2001, S. 3.

4Jan Lokers: Die Versorgung Hamburgs mit Produkten aus dem Land Hadeln, der Oste-Region und dem Alten Land, Horneburg 2001.

5Staatsarchiv Stade, Rep. 74, Akten der Kurhan. Provinzialregierung Stade, Tit. 10.12 Fährsachen, Nr.130 (1791-1806).

6Wiese, H./Bölts, J.: Rinderhandel und –haltung im NW-Europäischen Küstengebiet, Stuttgart 1966

7Peter Ahrens: Liste des Horneburger Hafenumschlags 1867 –1912, Horneburg 2004

8Staatsarchiv Stade, Rep. 74, Akten der Kurhan. Provinzialregierung Stade, Schifffahrt, Nr. 1483 (1862-1867).

 

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