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Struktur der privaten Haushalte
in der Samtgemeinde Horneburg im Jahre 1910

von Dr. Hans-Georg Augustin

Herausgegeben: 1998
Quellen und kleine Beiträge Nr.: 14

 

Am 1. Dezember 1910 fand im Deutschen Reich eine Volkszählung statt. Ihre Ergebnisse in unserer engeren Heimat wurden in einem Adreßbuch für die Stadt Stade, die Landkreise Stade, Kehdingen und Jork sowie die Stadt Buxtehude veröffentlicht1) und sind – soweit die heutige Samtgemeinde Hornebug betroffen ist – im Tabellenteil dieser kurzen Abhandlung dargestellt.

Unsere Samtgemeinde hatte am Stichtag der Zählung 3368 Einwohner. Die Fleckensgemeinde war – gemessen an der Einwohnerzahl – größte Gemeinde, gefolgt von den Mitgliedsgemeinden Bliedersdorf mit Rutenbeck und Postmoor, Nottensdorf mit Schragenberg, Dollern und Agathenburg (Tabelle 1).

Aus Tabelle 2 ist die Verteilung der Einwohner auf 807 Anschriften, gleich Haushalte, aller Mitgliedsgemeinden zu ersehen. Gruppiert man die Mitgliedsgemeinden nach der Zahl der Haushalte, ergibt sich die gleiche Reihenfolge wie bei obiger Gruppierung nach der Zahl der Einwohner.

Aus der Zahl der Einwohner und der Zahl der Haushalte errechnet sich eine durchschnittliche Haushaltsgröße in der Samtgemeinde von 4,17 Personen. Berechnet man in gleicher Weise die durchschnittliche Größe der Haushalte in den einzelnen Mitgliedsgemeinden, ergeben sich beachtliche Unterschiede. Mehr als 5 Personen je Haushalt gab es in Nottensdorf (5,16) und Bliedersdorf (5,05). Werte zwischen 4 und 5 Personen je Haushalt errechnen sich für Dollern (4,51) und Agathenburg (4,48), während in der Fleckensgemeinde die durchschnittliche Größe der Haushalte unter 4 Personen liegt (3.75).

Die Tabellen 3 und 4 zeigen die Aufgliederung der Haushalte nach den Gruppen: Landwirtschaft, Gewerbe, Freie Berufe, Beamte- Arbeiter-Angestellte, Sonstige (Tabelle 3), wobei die Eingruppierung der Haushalte in die Gruppen nach den Berufen vorgenommen wurde (Tabelle 4), die der Haushaltungsvorstand selbst angegeben hat. Bei Mehrfachnennungen wurde der zuerst genannte Beruf für die Eingruppierung genommen.

Nach dem prozentualen Anteil der Haushaltsgruppen an allen Haushalten der Samtgemeinde ergibt sich zu folgende Reihenfolge:

a) Gewerbe 32,1 v.H.
b) Landwirtschaft 28,0 v.H.
c) Beamte, Arbeiter, Angestellte 21,4 v.H.
d) Sonstige 17,4 v.H.
e) Freie Berufe 1,1 v.H.

Von diesen Durchschnittswerten der Samtgemeinde weichen die Werte in ihren Mitgliedsgemeinden erheblich ab. Die Struktur der privaten Haushalte ist in Bliedersdorf am stärksten von der Landwirtschaft (73,8 v.H.) geprägt, gefolgt von Nottensdorf (68,8 v.H.). In Agathenburg und Dollern beträgt der Anteil der landwirtschaftlichen Haushalte noch gut zwei Fünftel aller Haushalte und sinkt in der Fleckensgemeinde auf 8,1 v.H. ab.

Unter der Gruppe „Sonstige“ sind vor allem Rentner und Altenteiler erfaßt, der Anteil dieser Gruppe schwankt unter den Mitgliedsgemeinden von 1,9 v.H. bis 23,5 v.H. Scheidet man diese Gruppe, die in der Regel kein Markteinkommen bezieht, aus und prüft erneut die Frage des Gewichtes der übrigen Gruppen (Tabelle 5) ergibt sich für die Samtgemeinde insgesamt folgendes Bild.

a) Gewerbe 38,8 v.H.
b) Landwirtschaft 33,9 v.H.
c) Beamte, Arbeiter, Angestellte 25,9 v.H.
e) Freie Berufe 1,4 v.H.

Die Reihenfolge der Gruppen ändert sich für die Samtgemeinde bei Ausklammerung der Gruppe „Sonstige“ nicht. In den Mitgliedesgemeinden Agathenburg, Bliedersdorf, Dollern und Nottensdorf erreicht die Gruppe „Landwirtschaft“ einen Anteil von mehr als 50 v.H., in der Fleckensgemeinde Horneburg liegt sie dagegen knapp über 10 v.H. Diese Werte führen zu dem Ergebnis, daß die zuerst genannten vier Mitgliedsgemeinden im Jahre 1910 vorwiegend von der Landwirtschaft geprägt wurden, wenn die privaten Haushalte betrachtet werden. Sie waren Agrargemeinden.

Das trifft für die Fleckensgemeinde nicht zu. Ihrem niedrigen Wert der landwirtschaftlichen Haushalte in der Fleckensgemeinde Horneburg steht mit 40,8 v.H. schon ein hoher Anteil der gewerblichen Haushalte gegenüber, wenn alle Haushalte berücksichtigt werden. Ohne Berücksichtigung der Gruppe „Sonstige“ steigt der gewerbliche Anteil auf mehr als 52 v.H. In den Mitgliedsgemeinden pendelt dieser Anteil zwischen 17 v.H. und 22 v.H. Den vier Agrargemeinden steht somit die Gewerbegemeinde Horneburg gegenüber.

Aus der Tabelle 4 läßt sich sehr leicht der Anteil des Handwerkerhaushalte an allen gewerblichen Haushalten errechnen. In den Mitgliedsgemeinden betragen diese Anteile:

Agathenburg 75,0 v.H.
Bliedersdorf 68,2 v.H.
Dollern 5,0 v.H.
Horneburg 67,8 v.H.
Nottensdorf 66,7 v.H.

Innerhalb der gewerblichen Haushalte in den Mitgliedsgemeinden dominierte eindeutig das Handwerk. Ausdrücklich sei darauf verwiesen, daß gewerbliche Haushalte nicht besagen, daß es sich nur um selbständige Betriebe handelt.

Diese Struktur der Haushalte, wie sie die Ergebnisse der Volkszählung vermittelt, begründet die „Milieuabhängigkeit des Handwerks“2). Sie äußert sich in unterschiedlichen Ansprüchen, wie zum Beispiel Baustil, Inneneinrichtung, Kleidung und Nahrungsmitteln. Sobald sich diese Ansprüche in einem marktwirksamen Bedarf führen, muß das Handwerk darauf eingehen. Seine älteste Funktion als Versorger des örtlichen Marktes wird deutlich.


Tabellenteil

Für die Tabellen öffnen Sie bitte diese PDF-Datei.

 

 

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