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Von der Burg zur Siedlung

Horneburgs Entstehung für Schüler erzählt

von Peter Ahrens

Herausgegeben: 2004
Quellen und kleine Beiträge Nr.: 30

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WIE HORNEBURG ENTSTANDEN IST

Handwerker fanden ihr Auskommen vor allem durch Aufträge der auf den beiden Fernwegen reisenden Fürsten, Kaufleuten und Hökern, Klerikern und Pilgern („Jakobsweg“), Wanderburschen und Studenten, Viehtreibern („Ochsenweg“) und Bettlern. Die Wege waren grundlos, verschlammt oder staubig, voller Steine, Wurzeln und Schlaglöcher. Schuhwerk wurde verschlissen, Wagenräder und Achsen brachen. Die durchgeschüttelten oder vom Fußmarsch müden Reisenden wollten hier essen, trinken, schlafen und über Nacht alles, was zu Bruch gegangen oder verbraucht war, repariert oder neugefertigt haben.

Die Handwerker waren vor allem Schmiede, Stellmacher, Sattler und Böttcher.

Gerber, Färber und Schuhmacher siedelten in den folgenden Jahrhunderten. Schon seit dem Hochmittelalter boten schließlich Fuhrleute, Schiffer und Gastwirte ihre Dienste an.

1255 DIE BURG WIRD ERRICHTET

Die Sicherung des Wegekreuzungspunktes und der Furt durch die AUE-LÜHE gegen die 1253 von Herzog Albert von Braunschweig vertragsbrüchig wieder erbaute Harburg, aber auch die Erhebung der Wege-, Zoll- und Steuerabgaben veranlassten den auf der Burg Bremervörde residierenden Erzbischof von Bremen zum Bau einer Burg. So entstand 1255 als Klosterlehen zum Kloster Harsefeld gehörig eine bald schon von im Alten Land und auf der Geest als Lehensnehmer des Klosters landbesitzenden Adeligen bewohnte Niederungsburg.

Zur Horneburger Burgmannschaft gehörten:

  • Gerlach und Johann Schulte von der Lühe (1255)

  • die von der Osten (1286)

  • die von Bliedersdorf (1286-1369)

  • die von Borch (1286)

  • Erich der Marschalk (1339)

  • die von Bachtenbrock (1382)

  • die von Zesterfleth (1433).

Die Horneburg war eine Burganlage auf kreisförmigem Grundriss, die von einem 8 m breiten Wassergraben, der Aue-Lühe umflossen und über zwei Zugbrücken von den „Dämmen“ (Vordamm[= Furt-Damm] und Marschdamm) her zugänglich war. Ob zunächst das Innere der Burg von den Burgmännern besiedelt war, wie eine spätere Zeichnung (s.unten) zeigt, ist eher unwahrscheinlich. Dort sollen gewohnt haben:

  1. die Bliederstorper, hernach die Marschalken, hiernach die Schulte Erben

  2. die Schulte Vorfahren u. Erben

  3. Bartels Schulte

  4. von der Osten, hernach von Zesterfleth

  5. von Borgh, hernach von Düring

  6. u. VII. Thor, Thürme u. Gefängnisse“.

Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass die innere Burg lediglich in Kriegszeiten vorübergehend als Fluchtburg von den Bewohnern der Dämme genutzt werden sollte.

(Zeichnung vom Anfang des 18. Jh. vermutlich nach dem Hörensagen gezeichnet
von „Geh. Rath Freyherr Casper Schulte“)

 

Die Wohnungen der Burgmannsfamilien lagen jedenfalls spätestens seit der Mitte des 14. Jh. ausschließlich auf der Vorburg. Sie war ebenfalls mit Wall und Palisaden befestigt und von dem Flussarm „Dove Lühe“ umflossen. Auch die Vorburg war nur über eine Zugbrücke erreichbar, deren Pfahlfundamente 1996 erfasst und vermessen wurden.

VERFASSUNG der BURGMANNSCHAFT

Die Horneburger Burgmannschaft gab sich durch Vertrag eine frühe Art von Verfassung, die die Rechte und Pflichten der Burgmannsfamilien zu einander und nach außen regelte. Dieser 1337 geschlossene Vertrag bewirkte im Laufe der Zeit eine starke Stellung der Burgmannschaft gegenüber dem Erzbischof als Landesherrn.

Der Vertrag bestätigte einerseits die Existenz und die Zuständigkeit des erzbischöflichen Hofgerichts als Dienstmannengericht für Streitfälle unter den Burgmännern.

Er begründete andererseits das eigenständige Horneburger Burggericht mit seiner alleinigen Zuständigkeit als regionale, niedere Gerichtsbarkeit in wechselnder personeller Zusammensetzung aus Burgmännern.

DIE HORNEBURGER GÜTER

bilden den Kern des heutigen Fleckens

Der Flecken Horneburg entwickelte sich aus der Dammsiedlung vor der Burg.

Nachdem als erster Burgmann im Jahr 1509/10 Melchior Schulte die Burg verlassen und seinen Wohnsitz (Gut 2, heute Burgmannshof ) mitten im heutigen Flecken hat erbauen lassen, folgten nach und nach im 16. und 17.Jahrhundert alle Burgmänner bis auf die von Düring, die die Familie von Borch durch Heirat beerbt hatten und bis 1945 Gut 1 (Schloss Horneburg) auf der Vorburg bewohnten.

Gut 3, die spätere Bleiche südlich der Kirche, ursprünglich von den Marschalck von Bachtenbrock errichtet, wurde 1908 an den Flecken verkauft, der dort die alte Volksschule baute.

Gut 4, von den von Borch auf dem heutigen Marktplatz errichtet, kam um 1400 durch Heirat an die von Zesterfleth, 1650 an die von Brobergen, nach 1691 an die Schulte und wurde 1880 an die von Düring verkauft.

Gut 5 war ursprünglich im Besitz der von Borch und gehört danach bis heute den von Düring-Ulmenstein.

SIEDLUNGS- und WIRTSCHAFTSSTRUKTUR

Vordamm, Marschdamm, Lange Straße und Issendorfer Straße sind die obengenannten alten Fernwege. Sie bildeten zugleich die Verbindungen zwischen den Gutshöfen. Beiderseits von ihnen entwickelte sich bis ins 19. Jahrhundert der Flecken Horneburg als Straßensiedlung.

Von der Verwüstung durch Brand im Dreißigjährigen Krieg blieb nur der Burgmannshof, also das Herrenhaus von Gut 2, verschont. Er ist daher das älteste Haus im Flecken. Auch die Burg wurde von Tillys Truppen geschleift.

Anderes überstand den Dreißigjährigen Krieg:

Die Burgmänner nahmen bis ins 19. Jahrhundert als Gerichtsherren und Kirchenpatrone wesentlichen Einfluss auf die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse der Einwohner. Ihnen standen neben den Hand- und Spanndiensten der Meier und Kötner verschiedene Abgaben, Wege- und Brückenzölle zu. Sie hatten für die Auswahl und Bezahlung von Pastoren, Küstern und Lehrern zu sorgen. Sie überwachten das Marktwesen und die Steuererhebungen und waren für den Bau und Erhalt von bestimmten Brücken und Wegen verantwortlich.

Auch die alte Siedlungsstruktur blieb nach dem verheerenden Krieg erhalten:

Die Handwerker am Vordamm, nach den Zunftregeln häufig „symbiotisch“ auf einander angewiesen, bauten ihre Betriebe in neuen Wohnhäusern wieder auf.

Die Bauern am Marschdamm erwirtschafteten den Grundnahrungsmittelbedarf der Bevölkerung des Fleckens und konnten bald zusätzlich auf den regelmäßigen hiesigen Märkten und über den Wasserweg aus der Versorgung des schnell wachsenden Hamburgs Gewinne erwirtschaften.

Nur in der Langen Straße mischten sich nun neu hinzu kommende landwirtschaftliche und Gewerbebetriebe.

Neue Gewerbezweige wie Flussschifffahrt, Herbergs- und Fuhrwesen sowie Färber-, Gerber- und Schuhmacherhandwerk gewannen zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung.

Das Handwerksmuseum

Aus diesem historischen Hintergrund hat der Heimatverein Horneburg das Konzept entwickelt und verwirklicht für sein

Regionalmuseum für Ausspann, Fuhrwesen und zugehöriges Handwerk“

Die ständige Ausstellung vermittelt einen lebendigen Eindruck vom Fuhrwesen und dem damit verbundenen Handwerk sowie dem Ausspann zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert. Werkzeuge und Arbeitsmaterialien aus einer historischen – noch betriebsbereiten – Schmiede, einer Sattlerei, Stellmacherei und Böttcherei gehören zum ständigen Inventar. Auch ein Ausspann – eine ländliche Schänke – mit Pferdestall und Sattelkammer aus der Zeit um 1830 und Kutschen sind im Museum zu sehen.

Das Museum als Lernort

Das Handwerksmuseum bietet den Schulen ein museumspädagogisches Programm als themenbezogene Ergänzung schulischer Projekte an. Dabei werden sozialgeschichtliche Themen (Funktion der Gilden, Zünfte, Innungen bis hin zu den Aufgaben von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden) vermittelt, anhand alter Urkunden und Akten historische Entwicklungen erarbeitet und im Umgang mit traditionellen Werkzeugen die praktische Tätigkeit historischen Handwerks erfahrbar gemacht.

Das museumspädagogische Angebot richtet sich an die Klassen 4 – 13 aller Schultypen.

Kindergeburtstage werden vom Personal nach Absprache angeboten.

Geschichtsforschung

Für wissenschaftliche Heimat- und Handwerksforschung stellt das Museum einen elektronisch ausgerüsteten Arbeitsplatz zur Verfügung.

Auch die umfangreiche Präsenzbibliothek zu den Museumsthemen und zur Geschichte des Elbe-Weser-Raumes kann dort genutzt werden.

Ergebnisse der heimat- und handwerksgeschichtlichen Forschungsarbeit im Museum erscheinen in unregelmäßiger Folge als geheftete Computerdrucke und sind im Museumsshop erhältlich.

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