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Die Gesellenartikel des Horneburger Schmiedeamtes von 1819/1820

von Dr. Hans-Georg Augustin

Herausgegeben: 1998
Quellen und kleine Beiträge Nr.: 9

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I. Vorbemerkung

Mit einem Bericht vom 18. Juli 18191) an die Provinzialregierung in Stade legte das Horneburger Gericht nicht nur den Entwurf von Amtsartikeln für ein zu errichtendes Schmiedeamt, sondern auch den dazugehörenden Entwurf der Gesellenartikel vor. Das Gericht erklärte, daß es sich – wie bei den Amtsartikeln – auch bei diesen Artikeln von den 1798 bestätigten entsprechenden Artikeln für die Tischler leiten ließ. Diese Artikel sind im Niedersächsischen Staatsarchiv in Stade nicht vorhanden; aus der Bemerkung des Gerichtes läßt sich jedoch die Vermutung ableiten, daß sie den Gesellenartikeln der Schmiede ähnlich waren.

Die Gesellenartikel regelten die Lebensumstände der in Horneburg auf ihrer Wanderschaft eintreffenden Schmiedegesellen. Sie enthalten u.a. Bestimmungen über das Verfahren der Arbeitssuche, über Arbeitszeiten, Kündigungsfristen, Versammlungsrechte sowie Pflege im Krankheitsfall. Die Einzelheiten der Artikel sind im folgenden Abschnitt dargestellt.

II. Die Artikel

1. Den Gesellen wurde eine“ gemäße Herberge“ gestattet. Sie wird von den Gesellen bestimmt und „mit Vorwissen und Genehmigung des Gerichts“ von den Meistern bestätigt. Der Zweck der Herberge bestand darin, dem Gesellen, der auf der Wanderschaft nach Horneburg kommt, einen Hinweis zu geben, „wo er einkehren und Arbeit suchen kann.“

Anmerkungen: Die Formulierung „mit Vorwissen und Genehmigung des Gerichts“ wurde in den Entwurf durch die Provinzialregierung eingefügt. Die Auffassung, das Schmiedeamt mit seiner Herberge sei ein Bestandteil staatlicher Verwaltung, wird wiederum deutlich.

Herbergen waren für wandernde Gesellen von großer Bedeutung; sie waren ihr Rückhalt in der Fremde.2) Auf die Bedeutung des Wanderns hatten die Horneburger Schmiede bereits in ihrem Antrag auf Errichtung eines Amtes hingewiesen. Wandern war damals für Handwerker nach abgeschlossener Lehre fast die einzige Möglichkeit der Fortbildung. Die heute vorhandenen Chancen zur Weiterbildung gab es nicht. Fachzeitungen und Kurse, die heute den Stand der Technik im In- und Ausland in jedes Unternehmen vermitteln, gab es gar nicht oder kaum. Vom Wandern der Gesellen profitierten auch – wie die Horneburger Schmiede richtig bemerkten – alle Mitglieder des Amtes, die einen fremden Gesellen in Arbeit nahmen. Dieser Geselle verwertete seine Kenntnisse und Fähigkeiten, die er in anderen Landesteilen des Königreiches oder gar in anderen Ländern erworben hatte, in den Betrieben der Amtsmeister.

Die Hannoversche Gewerbeordnung des Jahres 18473) bekräftigte die Bedeutung des Wanderns durch die Bestimmung, daß für das Erwerben des Meisterrechtes eine fünfjährige Arbeit als Geselle Voraussetzung sei und daß davon mindestens zwei Jahre als Wanderjahre nachzuweisen seien (§136). Auf seiner Wanderung mußte der Geselle mindestens „in zwei größeren Städten oder in solchen kleineren Städten, wo das Gewerbe anerkannt vorzüglich betrieben wird, gearbeitet haben“ (§137).

2. An der Spitze der Gesellenschaft stand ein Schaffer, der von sämtlichen Meistern aus der Gesellenschaft gewählt wurde, falls der älteste Geselle in einer der Werkstätten sich nicht zu diesem Amte eignen sollte. Ein Geselle, der dieses Amt ohne wichtigen Grund (im Text: „ohne erhebliche Ursache“) ablehnte, sollte eine Strafe in die Gesellenlade zahlen. Die Strafe betrug 1 Reichstaler.

3. Wenn ein in Horneburg zugewanderter Geselle Arbeit aufnehmen wollte, mußte er seine Absicht dem Herbergsvater mitteilen, der dieses Anliegen wiederum dem Schaffer zur Kenntnis brachte.

4. Nachdem der Schaffer die Mitteilung des Herbergsvaters erhalten hatte, mußte er sich nachmittags 2 Uhr in der Herberge einfinden, um den wandernden Gesellen zum Amtsvorsteher zu führen, der die „Richtigkeit der Kundschaft“ des fremden Gesellen prüfte. Wurde die Kundschaft als einwandfrei befunden, hielt der Schaffer in Begleitung des arbeitsuchenden fremden Gesellen bei den Meistern des Ortes eine Umfrage nach Arbeit.

Hatte der Geselle nur einen Lehrbrief und keine Kundschaft als Geselle „graduieren“ können und erhob er trotzdem Anspruch auf Arbeit, so konnte er sich gegen Entrichtung von 2 Reichsthalern Konventionsmünze zum Besten der Lade zum Gesellen „machen lassen.“ Es stand ihm auch frei , seine Wanderschaft fortzusetzen „ohne daß ihn ein Meister freiwillig in Arbeit nehmen darf.“

Anmerkungen: Im vorigen Jahrhundert wurde für wandernde Gesellen das Wanderbuch eingeführt. Das Königreich Hannover regelte die Ausstellung dieses Buches durch Verordnung vom 9. Mai 1826 und zwar im Paragraphen 10.4) Er bestimmte für inländische Handwerksgesellen, daß sie ein Wanderbuch mit sich führen müssen, das den Paß ersetzt und von der Polizeibehörde ausgestellt wird. Für ausländische Handwerksgesellen, das heißt, auch aus anderen deutschen Ländern, wurde in der Vorschrift ebenfalls das Anerkennungsverfahren ihrer Wanderbücher geregelt, auch die Ausstellung eines Buches für den Fall, daß sie ein solches nicht haben. Schließlich wurde die Durchreise ausländischer Gesellen durch das Königreich geregelt.

Das staatliche Bestreben, die Wanderschaft genau zu beobachten und zu kontrollieren – wohl auch aus politischen Gründen – kommt schließlich in einer weiteren Bestimmung des Paragraphen 104) zum Ausdruck. Sie besagt: In- und ausländische Gesellen „müssen an allen Orten, wo sie sich zweimal 24 Stunden aufhalten, ihre Reisepapiere von der Orts=Polizei=Behörde visieren lassen“. Wenn ein Geselle auf seiner Wanderschaft in einem Orte Arbeit aufnahm, mußte er seine Reisepapiere bei der Polizeibehörde hinterlegen.

Damit nicht genug der Regelungen. Am gleichen Tage, nämlich am 9. Mai 1826, erließ das Königreich Hannover eine Verordnung über die Behandlung von Vagabunden und verdächtigen Personen.5) Der Paragraph 4 der Verordnung betrifft arbeitslose Gesellen, die durch ihre Reisepapiere nicht nachweisen können, wo sie in den letzten acht Wochen gearbeitet und auch keine Bescheinigung darüber hatten, daß sie sich vergeblich um Arbeit bemühten. Diese Handwerker sollen in ihre Heimatorte zurückgewiesen werden. Kamen sie dieser Anweisung nicht nach, waren sie als Landstreicher zu bestrafen.

Karl Friedrich Wernet erblickt im Ersatz der Kundschaft durch ein Wanderbuch „eines der vielen Zeichen des Wandels in der gesellschaftlichen Wertung des Handwerks“6) und meint damit die Erscheinung, daß die Zünfte ihre Privilegien verloren. Während die Kundschaft von den Zünften erteilt wurde, lag die Ausstellung des Wanderbuches in den Händen staatlicher Behörden.

Obwohl Wanderbücher eingeführt wurden, hielt das Handwerk an der Ausgabe von Lehrbriefen und Kundschaften fest. So wird aus Stade berichtet, daß Innungen weiterhin Lehrbriefe und Kundschaften ausgaben und als rechtschaffene Zimmergesellen zum Beispiel nur diejenigen ansahen, die Lehrbrief und Kundschaft vorlegten.7)

5. Wenn der fremde Geselle Arbeit erhielt, mußte er 2 Gutegroschen Konventionsmünze in die Gesellenlade zahlen und Lehrbrief oder Kundschaft beim Amtsvorsteher hinterlegen. Erhielt er keine Arbeit, war er von der Zahlung frei und der Schaffer verzehrte mit ihm in der Herberge 1 Gutegroschen. Dem Schaffer wurde dieser Betrag bei der nächsten Zusammenkunft der Gesellen aus der Lade erstattet.

6. Wenn ein fremder Geselle Arbeit erhielt, wurde er abends 7 Uhr vom Schaffer bei dem Meister eingeführt. Beiden wurde eine Mahlzeit gereicht oder sie erhielten 8 Gutegroschen zum Verzehr in der Herberge.

7. Wenn ein fremder Geselle bei einem Meister nicht länger als ein Vierteljahr gearbeitet hatte und entlassen wurde, konnte er sich bei zwei anderen Meistern Arbeit suchen. War dieses Suchen erfolglos, sollte er weiter wandern „und nicht auf der Herberge müßig liegen.“

Anmerkungen: Dieses System der Ankunft des wandernden Gesellen in der Herberge, die Umfrage nach Arbeit, die Arbeitsaufnahme und auch das erfolglose Suchen nach Arbeit offenbaren eine menschliche Zuwendung, die dem Wandernden zuteil wurde. Weit nüchterner und ausführlicher klingen die Regelungen, die zu diesem System im Hannoverschen Königreich in den Vollzugsbestimmungen zur Gewerbeordnung 1847 festgelegt wurden.8) Sie änderten die Gesellenartikel ab.

Der fremde Geselle mußte sich vor Arbeitsaufnahme „gehörig“ ausweisen. Die Paßbehörde aller Orte, in denen der Geselle arbeitete, mußten in sein Wanderbuch die Dauer der Arbeit, seinen Fleiß und sein Betragen als Zeugnis eintragen. Die dazu nötigen Angaben für die Paßbehörde mußte der Meister in Form eines Zeugnisses machen. Er selbst durfte dem Gesellen kein Zeugnis erteilen.

Der wandernde Geselle durfte sich auch nicht selbst eine Arbeit durch Umfrage suchen. Ihm wurde vielmehr eine Werkstatt, „an welcher die Reihe ist,“ zugewiesen. Zu diesem Zweck mußte ein Verzeichnis geführt werden, in dem die Wünsche der Meister nach Zuweisung eines Gesellen in zeitlicher Reihenfolge eingetragen wurden. Auch die Zuweisungen wurden vermerkt.

Wünschte ein Meister mehrere Gesellen, so konnte er die gewünschte Zahl nur dann erhalten, wenn auf die späteren Anmeldungen anderer Meister ein Geselle zugewiesen worden war.

Für den Fall, daß ein Meister an der Leitung seiner Werkstatt aus Krankheitsgründen gehindert war, konnte er eine Zuweisung außer der Reihe verlangen. Das gleiche Recht hatten auch Meisterwitwen. Über diese Rechte sollten örtliche Bestimmungen getroffen werden.

An die Zuweisungen nach der Reihe waren jene Gesellen nicht gebunden, die von einem Meister „nachweislich verschrieben“ waren, das heißt, daß sie beim Eintreffen in Horneburg bereits ein Arbeitsverhältnis vereinbart hatten.

Wenn ein Geselle keine Arbeit fand, sollte er nach Zunftbrauch oder Zunftbestimmung in den Genuß von Unterstützung kommen. Der Anspruch auf Hilfe verfiel, wenn der Geselle eine angebotene Arbeit ablehnte.

8. Wenn die Gesellen mit ihrem Meister nichts anderes vereinbart hatten, begann die Arbeit morgens um 5 Uhr. Feierabend war abends um 7 Uhr.

9. Für jeden Gesellen betrug die Probezeit 14 Tage. Dann sollte er mit dem Meister den Wochenlohn oder die Entlohnung nach Stück vereinbaren.

10. Ohne „erhebliche Ursache“, d.h.ohne wichtigen Grund, sollte ein Geselle die Arbeit während der Probezeit von 14 Tagen nicht aufgeben, es sei denn, daß der Meister zustimmte. In diesem Falle erhielt der Geselle aber keine Vergütung und der Meister durfte für die Beköstigung des Gesellen auch nichts verlangen.

Entließ der Meister den Gesellen innerhalb dieser Frist „ohne erhebliche Ursache“, so hatte der Geselle Anspruch auf den gewöhnlichen Wochenlohn.

11. Wenn der Geselle mit dem Meister Wochenlohn vereinbart hatte und entlassen werden wollte, mußte die Entlassung an einem Sonntag erfolgen, „jedoch nicht früher als 14 Tage nach dem Lohnmachen“.

Anmerkung: Als „Lohnmachen“ ist wohl der Tag der Lohnvereinbarung gemeint. (der Verf.)

Lehnte der Meister die Entlassung ab, so hatte der Geselle noch eine weitere Woche zu arbeiten.

Wollte der Geselle mit Zustimmung des Meisters während der Woche („während des Laufs einer Woche“ im Original) entlassen werden, hatte er keinen Anspruch auf den Wochenlohn.

Der Meister durfte auch nur an einem Sonntag „den Abschied geben“. Machte er das während der Woche, mußte er den vollen Wochenlohn bezahlen.

12. Jeder Geselle mußte sich abends bis 10 Uhr im Hause seines Meisters eingefunden haben. Versäumte er diese Zeit, mußte er es hinnehmen, wenn das Haus bereits verschlossen war.

13. Die Gesellenlade sollte mit zwei Schlössern versehen sein und mit den dazugehörenden Sachen in der Herberge aufbewahrt werden. Je einen Schlüssel hatten der Amtsvorsteher und der Schaffer, der Herbergsvater mußte für die Lade „einstehen.“

14. Alle vier Wochen sollten sich die Gesellen am Sonntagnachmittag „nach genehmigtem Gottesdienste“ in der Herberge versammeln. Der Zweck dieser Versammlung bestand in der Besprechung von gemeinschaftlichen Anliegen, die nicht bis zum Quartalsende aufgeschoben werden konnten. Zu den Versammlungen mußte der Schaffer einladen, niemand sollte „ohne erhebliche Ursache“ fehlen.

Alle drei Monate mußte „in Gegenwart des Amtsvorstehers an einem Sonntage Quartal gehalten“ werden. In dieser Versammlung sollten „die Ausgelernten, wenn sie von den Meistern vorher freigesprochen worden, gegen Entrichtung von 12 Gutegroschen in die Lade, zu Gesellen angenommen werden.“

Mit Genehmigung des Amtsvorstehers war es den Gesellen in Notfällen erlaubt, sich auch nachmittags an Werktagen zu versammeln. Wegen der dadurch entstehenden Arbeitsversäumnis durfte kein Lohnabzug vorgenommen werden.

Anmerkungen: In seinem Bericht vom 18. Juli 1819, mit dem das Horneburger Gericht die Amts- und Gesellenartikel der Provinzialregierung in Stade vorlegte, finden sich Erläuterungen zu den Gesellenversammlungen. Das Gericht bemerkt, daß es keine Strafen auf den Versammlungen vorgeschlagen habe. Als Gründe gibt das Gericht an, daß diese Versammlungen unter Aufsicht des Herbergsvaters stehen würden, der als Wirt schon zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung verpflichtet sei. Das Gericht war auch der Meinung, daß eine Strafbefugnis des Schaffers „oft zu unnützen Händeln über die richtige Anwendung des Rechts Veranlassung geben könnte.“

15. Auf jeder Quartalsversammlung sollte jeder Geselle 8 Gutegroschen entrichten, die in einem dazu bestimmten Buch spezifiziert eingetragen wurden. Der Schaffer legte die Rechnung ab.

16. Das Amt des Schaffers sollte alle vier Wochen wechseln. Der dann Gewählte durfte „nicht ohne erhebliche Ursache seinem Meister die Arbeit aufsagen“, das heißt, daß er während dieser Zeit kein Kündigungsrecht hatte. Auch für den Meister bestand während der Amtszeit eines Schaffers ein Kündigungsverbot.

17. Bei Entlassung mußte der Meister dem Gesellen ein Zeugnis erteilen. Erfüllte er diese Pflicht nicht, sollte der Amtsvorsteher dem Gesellen die attestierte Kundschaft zurückgeben.

18. Wenn ein Geselle mit seinem Meister in Uneinigkeiten geriet und einer von ihnen „die Zusammenrufung des Handwerks“ verlangte, so mußte er vorher 12 Gutegroschen in die Meisterlade zahlen. Diesen Betrag mußte derjenige erstatten, „gegen den das Gutachten der versammelten Meister ausfällt.“

Konnten oder wollten die versammelten Meister kein Gutachten abgeben bzw. wenn der Unterliegende mit ihrem Urteil nicht einverstanden war („der Sachfällige Theil wollte sich dabei nicht beruhigen“, so die Formulierung in den Artikeln), sollte „der Recours an das Gericht offen sein“.

19. Im Falle der Krankheit eines vermögenslosen Gesellen mußten die Kosten für Arzt, Arznei und der sonstigen Verpflegung aus den Mitteln der Lade bestritten werden. Für den Fall, daß die Mittel nicht ausreichten, sollten die Gesellen das Fehlende tragen. Wenn nötig, waren auch die Meister verpflichtet, Vorschuß zu leisten. Sie konnten solche Vorschüsse jedoch vom Lohn abziehen.

Nach Gesundung sollte der Geselle der Lade und seinen Mitgesellen den Vorschuß von seinem Lohn erstatten, wobei der Lade Priorität eingeräumt wurde.

Anmerkungen: Diese Regelung bedeutet letzten Endes, daß der Geselle die Kosten seiner Krankheit selbst zu tragen hatte und nicht krankenversichert im heutigen Sinne war. Wilhelm Wernet hat darauf aufmerksam gemacht, daß eine Rückzahlungspflicht der Leistungsempfänger in den Frühzeiten der Zünfte die Regel gewesen ist. Zur Hilfeleistung durch Beiträge sollten alle verpflichtet sein. Von der Festsetzung einer Rückzahlungspflicht erhoffte man sich Zurückhaltung bei der Inanspruchnahme.9)

Die Einzahlung von Geldern in die Gesellenlade der Horneburger Schmiede diente also nur der Bildung eines Fonds, aus dem die Krankheitskosten bis zur Tilgung durch den gesund gewordenen Gesellen vorfinanziert wurden. In heutiger Terminologie kann man sagen, daß dem Gesellen ein Darlehen gewährt wurde, das zinsfrei war. Bei zeitlich späteren Unterstützungskassen des Horneburger Handwerks fand das Versicherungsprinzip Eingang.

20. Im Todesfalle eines Gesellen war vom Meister oder Herbergsvater sofort Anzeige beim Gericht „zur weiteren Verfügung“ zu erstatten.

Hinterließ der Verstorbene keine Mittel, wurden die Kosten des Begräbnisses zunächst aus der Gesellenlade vorgeschossen. Wenn das mangels Mittel nicht möglich war, wurde der Vorschuß aus der Meisterlade geleistet.

Alsdann sollte das Horneburger Gericht sich an die Obrigkeit des Geburtsortes des verstorbenen Gesellen wenden und dessen Verwandte zur Kostenerstattung gegen Auslieferung der Effekten des Verstorbenen auffordern.

Wenn diese Kostenerstattung nicht erfolgte, sollte das Gericht den Nachlaß des verstorbenen Gesellen verkaufen. Vom Erlös wurden zunächst die Krankheits- und Beerdigungskosten erstattet. Einen etwaigen Überschuß erhielten die Anverwandten.

Quellen:

  1. ) Staatsarchiv Stade: Rep. 80 G Bd. I Tit. 72 No.6
  2. ) Wernet, Wilhelm: Kurzgefaßte Geschichte des Handwerks in Deutschland 2. erweiterte Auflage Dortmund 1956 S.81
  3. ) Gesetz=Sammlung für das Königreich Hannover Jahrgang 1847 I. Abtheilung No 46 Gewerbeordnung v. 1sten August 1847
  4. ) Gesetz=Sammlung für das Königreich Hannover Jahrgang 1826 No.17 I.Abtheilung (17.) Verordnung das Paßwesen betreffend S.71-77
  5. ) Ebenda: (18.) Verordnung das Verfahren gegen Vagabonden und verdächtige Personen betreffend S.77-82
  6. ) Wernet, Karl Friedrich: Handwerksgeschichte als Forschungsgegenstand 1. Teil Forschungsberichte aus dem Handwerk Band 4 Münster Westfalen S.153
  7. ) Freie Baugewerks=Innung Bauhütte zu Stade Hrsg.: Festschrift des 250jähr. Bestehens der Freien Baugewerks-Innung Bauhütte zu Stade S.12
  8. ) Gesetz=Sammlung für das Königreich Hannover 1847 I. Abtheilung No.59. (61) Bekanntmachung zum Vollzug der Gewerbeordnung v.15ten October S.339-353
  9. ) Wernet, Wilhelm: Kurzgefaßte Geschichte des Handwerks in Deutschland a.a.O. S.65-67

 

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